Geliebt und gefürchtet:

Die Doldenblütler

Sie zählen vermutlich zu den gefürchtetsten aller Pflanzenfamilien: Die Doldenblütler. Nicht zu Unrecht, denn sie beinhalten sowohl ungiftige als auch giftige Vertreter, die sich auf den ersten Blick alle recht ähnlich sehen: In die Höhe und krautig gewachsen mit oft weißen, großen Blütenständen. Aber fangen wir doch erst einmal ganz langsam an. 

 

Was macht einen Doldenblütler eigentlich zum Doldenblütler?

 

In Doldenblütler steckt das Wort Dolde. Dolde kommt vom mittelhochdeutschen Wort tolde und heißt soviel wie Wipfel oder Krone einer Pflanze. Diese hat bei Doldenblütlern ein ganz besonderes Aussehen. Die blütentragenden Teile entspringen alle einem Punkt, der sogenannten Sprossachse (auch Stängel genannt) mit Hüllblättern. Von dort aus gliedern sie sich in Nebenachsen, den Doldenstrahlen, von denen bei den meisten Doldenblütlern weitere, kleinere Achsen, die Döldchenstrahlen (mit Hüllchenblättern) abzweigen, welche dann die weißen, seltener gelben oder rosafarbenen Blüten, tragen. Das nennt man dann Doppeldolde. Bei Doldenblütlern mit Doppeldolde geht es also vom Großen ins Kleine und dabei wird immer verniedlicht.


Anhand dieser Merkmale des Blütenstands kann man einen Doldenblütler also schon einmal bestimmen. Weiter geht es mit den Blättern: Diese sind bei Doldenblütlern wechselständig, das heißt entlang der Sprossachse stehen die Blätter einzeln und abwechselnd. Kein Blatt steht also mit dem anderen auf gleicher Höhe. Außerdem sind sie meist einfach bis mehrfach gefiedert. 

 Wenn ihr euch das Aussehen des mehrfach gefiederten Blattbeispiels anseht, erinnert es euch womöglich schon an das Kraut eines beliebten Küchengemüses: Der Karotte. Und damit hätten wir auch schon einen der prominentesten Vertreter der Doldenblütler. Die Karotte ist die Kulturform der Wilden Möhre. Aus ihr und vermutlich der südeuropäischen Riesenmöhre oder der orientalischen Schwarzmöhre entstand erst die Karotte in ihrer heutigen Form. Doch auch andere bekannte Gemüsesorten zählen zu den Doldenblütlern. Zum Beispiel Knollensellerie, Pastinak, Wurzelpetersilie oder Fenchel – klassische Wurzel- und Knollengemüse also.

Karotten, Knollensellerie und Petersilienwurzeln – alles Doldenblütler.
Karotten, Knollensellerie und Petersilienwurzeln – alles Doldenblütler.

 Daneben gibt es noch Wildgemüse und -gewürze, die den Doldenblütlern angehören, beispielsweise Giersch, Wiesenbärenklau, Wiesenkerbel, die bereits genannte Wilde Möhre oder die Waldengelwurz. Sie und auch viele bekannte Küchengewürze gehören zu den Doldenblütlern. Kümmel, Koriander, Gartenkerbel, Anis, Dill, Liebstöckel, Kreuzkümmel oder Petersilie bereichern schon lange Zeit Eintöpfe, Gemüsegerichte und Co. Sie schmecken uns deshalb so gut und sind so gesund, weil sie unter anderem ätherische Öle enthalten, einen der wichtigsten Inhaltsstoffe der Doldenblütler.

 

Ätherische Öle kann man riechen, indem zum Beispiel die Blätter der Karotte zwischen den Fingern zerrieben werden oder von selbst verwelken. Sie sind nämlich erst dann zu merken/riechen wenn die jeweiligen Pflanzenteile verletzt, zersetzt oder der Sonne ausgesetzt werden. Deshalb riechen getrocknete Kräuter auch meist stärker als frische. 

Wiesenkerbel (l.o.), Pastinak (r.o.), Giersch (l.u.) und Wilde Möhre (r.u.). 


Doch es gibt auch Doldenblütler, die uns nicht so freundlich gesonnen sind. Dazu zählen der gefürchtete Gefleckte Schierling, der Wasserschierling, diverse Kälberkropf-Arten oder die Hundspetersilie. In ihnen stecken Alkaloide, das sind sekundäre Pflanzenstoffe, die in der Pflanze beispielsweise als Fraßschutz gegen Schädlinge dienen. Bei uns Menschen wirken Alkaloide auf das zentrale Nervensystem ein. Sie können bei Einnahme aufputschend (zum Beispiel Koffein im Kaffee oder schwarzem Tee), euphorisierend und berauschend (zum Beispiel Morphium oder Kokain) wirken. Bei einer zu hohen Dosierung können sie aber auch schwere, gesundheitliche Folgen nach sich ziehen, welche von einem Brennen im Mund- und Rachenraum über Brechreiz, Sprach-, Sehstörungen und Muskelkrämpfen bis hin zu Atemlähmung mit Todesfolge führen können. Bei den Doldenblütlern mit Alkaloiden ist der prominenteste Vertreter wohl der Schierling, welcher gerne mit dem Wiesenkerbel (siehe oben) verwechselt wird.


 

 

Es gibt aber zum Glück Merkmale, die helfen können, giftige Doldenblütler zu erkennen und von ungiftigen zu unterscheiden. Da wäre zum Einen der – manchen vielleicht bekannte – Spruch „Ist der Stängel rund, rot und fleckig, geht es dir bestimmt bald dreckig.“ Er bezieht sich auf das Aussehen vieler giftiger Doldenblütler, welche in der Regel runde und glatte Stängel ohne Rillen, Kanten oder Furchen haben und rot (oder blau oder violett) gefleckt sind. Ungiftige Doldenblütler haben dagegen rillige, furchige und kantige Stängel, die nie mit Flecken gezeichnet, und höchstens rötlich überlaufen sind.


 

 

Dann gibt es noch den eher allgemein gehaltenen Spruch „Was willst du genießen, muss auch gut riechen. Riecht es zuwider, geh lieber wieder.“, doch dieser lässt sich auch gut auf die Doldenblütler beziehen. Giftige Arten riechen nämlich oft unangenehm, beispielsweise der Schierling, dessen Geruch an Mäuseurin erinnert. Ungiftige hingegen sind unserer Nase angenehm und riechen oft „karottig“, zum Beispiel die Wilde Möhre.


Neben ätherischen Ölen und Alkaloiden tragen einige Doldenblütler auch noch Furanocumarine in sich. Furanocumarine dienen Pflanzen, wie auch Alkaloide, als Fraßschutz und Abwehrsubstanz gegen Insekten und eindringende Pilze und Bakterien. Kommt unsere menschliche Haut allerdings in Kontakt mit Pflanzenteilen, die Furanocumarine enthalten, kann dies unserer Gesundheit auf zweierlei Arten schaden: Zum Einen wirken Furanocumarine phototoxisch, was bedeutet, dass sie die Haut lichtsensibel machen. Wird sie nach dem Kontakt mit „belasteten“ Pflanzenteilen UV-Strahlung ausgesetzt, kann dies zu Rötungen, Schwellungen und Blasenbildung mit Verbrennungen ersten bis zweiten Grades bis hin zu späterem Fieber und Kreislaufproblemen führen. Zum Anderen sind Furanocumarine unter der Einwirkung von UV-Strahlung potenziell krebserregend, da sie chemische Bindungen mit organischen Verbindungen unserer Haut eingehen und so DNA-Doppelstränge irreversibel miteinander vernetzen.

Der Riesenbärenklau. ©pixabay.com 
Der Riesenbärenklau. ©pixabay.com 

 Ein berühmtes Pflanzenbeispiel mit Furanocumarinen ist der Riesenbärenklau (auch Herkulesstaude genannt), der giftige Bruder des Wiesenbärenklaus. Er ist ein Neophyt und ursprünglich im Kaukasus beheimatet. Seit einiger Zeit breitet er sich jedoch auch bei uns aus. Wächst er an öffentlichen, belebten Orten, sollte er der zuständigen Gemeinde/Stadt gemeldet werden. Er sollte nur mit Schutzkleidung entfernt werden.


Doldenblütler sind also ein wenig mit Vorsicht zu genießen, beziehungsweise benötigen sie zur Bestimmung in freier Wildbahn ein geschultes Auge. Was die wilden Doldenblütler angeht, finde ich den Giersch am einfachsten und schönsten zu bestimmen. Er hat unter den Doldenblütlern die markantesten Blätter und es gibt einen schönen Merkspruch:

>> Sein Blatt ist dreigeteilt, das heißt: Es besteht aus drei Teilen/Fiederblättern.

>> Das oberste Fiederblatt besteht aus drei Blättern.

>> Er hat einen dreikantigen Blattstängel. 

Junger Giersch.
Junger Giersch.

 Auch die Wilde Möhre erkennt man leicht:

 

>> Meistens eine dunkelrote bis schwarze Scheinblüte in der Mitte der weißen Blütendolde (dient zur Anlockung von Insekten).

>> Im geschlossenen Zustand sieht die Blüte aus wie ein Vogelnest. 

>> Blätter verströmen karottigen Geruch beim Zerreiben.

Wilde Möhre mit großen Hüllblättern und charakteristischer, schwarzer Scheinblüte in der Mitte.
Wilde Möhre mit großen Hüllblättern und charakteristischer, schwarzer Scheinblüte in der Mitte.

Unten stehend findet ihr eine Zusammenfassung der Doldenblütler zum Speichern, Ausdrucken und Wiederholen.

Hinweis: Mein Wissensstand beruht auf selbst und von anderen erlerntem Wissen und persönlichen Erfahrungswerten. Er ersetzt jedoch nicht den Gang zu Ärzt:innen, Apotheker:innen und Mediziner:innen.