Abwechslung auf dem Teller:

Die ersten Frühlingswildkräuter

Nach einem – zumindest hier – doch recht ordentlichen Winter mit viel Schnee merkt man nun, dass sich draußen etwas verändert. An den Bäumen und Sträuchern stechen die Knospen ins Augen, bereit aufzuspringen, die Vögel zwitschern und die Sonne bekommt man wieder öfter zu Gesicht. Sie schmilzt den Schnee, taut die vereisten Böden auf und weckt dadurch die ersten Bodenpflanzen aus ihrem Winterschlaf und bringt sie zum Keimen und Wachsen! Unter anderem natürlich auch die, die wir kulinarisch nutzen können.

 

Für mich sind die ersten Wildkräuter der Saison etwas ganz Besonderes, vor allem deshalb, weil die Auswahl an frischem Grün im Winter (wenn man saisonal einkauft) ja doch ziemlich beschränkt ist, und jetzt wieder Abwechslung auf den Teller und an die Geschmacksknospen kommt. Für Wildkräuter-Newbies ist der Frühling außerdem die perfekte Zeit, um sich an die Geschmäcker der einzelnen Kräuter heranzutasten, da alles noch zart und mild schmeckt. Deshalb möchte ich euch in diesem Beitrag einen Überblick über meine elf Lieblings-Frühjahrswildkräuter geben, die ihr jetzt schon finden und ernten könntet und Inspirationen zu deren kulinarischer Verwendung liefern. Ich bin sicher, hier ist für jeden etwas dabei.

Der Bärlauch

(Allium ursinum L.)

 

Er kann die Lösung für all diejenigen sein, denen Knoblauch zu scharf ist oder die ihn nicht gut vertragen: Der Bärlauch. Ähnlich im Geschmack, aber trotzdem sanfter zu unserem Verdauungsapparat.

 

Vorkommen: Auen- und Laubwälder, unter Sträuchern, an Bächen; bevorzugt schattige, feuchte und humusreiche Standorte

Aussehen: bis zu 50 cm hoch; schlanke, längliche Zwiebel, aus der meist zwei lanzettliche Laubblätter entspringen, deren Oberseite glänzend dunkelgrün und Unterseite matt ist; sternförmig ausgebreitete Blüten; lauchartiger Duft

Unterschied zu Maiglöckchen (giftig): Blätter vom Maiglöckchen fühlen sich fester an und umfassen einen Stängel (beim Bärlauch hat jedes Blatt seinen eigenen)

Unterschied zur Herbstzeitlose (giftig): Blätter sind ebenfalls viel fester/fleischig und haben keinen Stängel

Unterschied zum Gefleckten Aronstab (giftig): Blätter vom Aronstab sind netznervig (beim Bärlauch parallelnervig)

 

Bärlauch
Bärlauch

Geschmack: knoblauchartig scharf

Verwendung: Blätter als Beigabe in Kräuterbutter, Quark, Brotaufstrichen, Salaten, Suppen, Pestos, Würzölen oder Gewürzsalzen

Wichtige Inhaltsstoffe: Ätherische Öle (Lauchöl), Senfölglycoside, Schleimstoffe, Vitamin C

Brennnessel
Brennnessel

Die (gewöhnliche) Brennnessel

(Urtica dioica L.)

 

Wohl kein Wildkraut ist in der Küche so vielfältig verwendbar wie die Brennnessel! Ja, ja, ich weiß: Viele haben ein bisschen Angst vor ihr, weil sie piekst, brennt, sticht und kratzt. Sie ist eben eine kleine Diva und hat viel Power. Doch genau diese Power können wir für uns nutzen. Und mit Gartenhandschuhen ausgerüstet und einer kleinen Sonderbehandlung vor dem Weiterverarbeiten kriegen wir sie auf jeden Fall zahm.

 

Vorkommen: keine besonderen Bodenansprüche

Aussehen: bis zu 300 cm hoch; mit Brennhaaren besetzte, am Blattrand gesägte Blätter, oben matt dunkelgrün, unten behaart; mit Brennhaaren besetzter Stängel

Geschmack: Blätter erdig-rassig, Samen nussig

Verwendung: obere Blätter und Triebe als Wildgemüse (werden wie Spinat gekocht), in Pestos, Kräuterbutter, Suppen oder Smoothies, in Gemüsegerichten und auf Flammkuchen; Samen als Topping für belegte Brote, Salate, Dips, Joghurts oder Müsli

Wichtige Inhaltsstoffe: Eiweiß, Eisen, Kalium, Kieselsäure, Magnesium, Flavonoide


 

 

Der Wildes Grünes Jahr-Tipp:

Damit keine Brennhaare die Mundschleimhaut verletzen und den Wildkräuter-Genuss trüben, kann man die Brennnessel vor der Weiterverarbeitung für Rohkostgerichte mit einem Nudelholz walken. Dabei werden die Brennhaare zerstört. Bei warmen Gerichten sorgt schon alleine das Kochen dafür, dass nichts mehr piekst.

Das Gänseblümchen

(Bellis perennis L.)

 

Als Ratgeberin in Liebesdingen oder als zarter Blumenschmuck im Haar oder am Hals und Arm: Das Gänseblümchen hat uns oft schon in Kindertagen begleitet. Es gehört zur Familie der Korbblütler, hat es doch Zungen- (weiß) und Röhrenblüten (gelb), die zusammen einen Blütenkorb formen. Im Frühling ist es eines der ersten, blühenden Wildkräuter. Nach einem englischen Sprichwort heißt es folgendermaßen:

 

„Wenn du mit einem Fuß auf sieben 

Gänseblümchen treten kannst, ist Frühling.”

 

Vorkommen: kurze Wiesen, Weiden, an Wegrändern, in Parks und Gärten mit nährstoffreichen Böden

Aussehen: bis zu 15 cm hoch; Blätter wachsen in einer Rosette dicht am Boden; weiße bis an den Rändern leicht rosafarbene Zungenblüten, gelbe Röhrenblüten

Geschmack: Blätter leicht nussig, Blüten leicht bitter

Verwendung: Blätter in Salaten, Suppen, Kräuterbrötchen oder in Kräuterbutter; Blüten als essbare Deko, im geschlossenen Zustand (Knospen) kann man sie wie Kapern einlegen

Wichtige Inhaltsstoffe: Bitterstoffe, Gerbstoffe, Vitamin C, Magnesium, Eisen, Schleimstoffe

Gänseblümchen
Gänseblümchen

Giersch
Giersch

Der Giersch

(Aegopodium podagraria L.)

 

Viele Gärtner:innen würden ihn wohl als Staatsfeind Nummer 1 bezeichnen: Den Giersch. Man kann ihn noch so oft und intensiv bekämpfen, er kommt einfach immer wieder. Doch kein Grund, die Fassung zu verlieren. Er ist nämlich wunderbar nahrhaft und pflegeleicht und lässt sich daher in großen Mengen in der Küche verwenden.

 

Vorkommen: Gärten und Parks, schattig-feuchte Gebüsche und lichte Wälder mit nährstoff- und stickstoffreichen, lockeren Tonböden

Aussehen: bis zu 100 cm hoch; gefiederte, dreiteilige Blätter mit gesägtem Rand; weiße Blüten; kahler Stängel

Geschmack: mild-würzig, nach Karotte und Petersilie

Verwendung: Blätter als Wildgemüse (werden wie Spinat gekocht), in Pestos, Suppen, Kräuterbutter, Brotaufstrichen oder als Füllung für Teigtaschen und Brot oder Beigabe in grünen Smoothies zur Frühjahrskur

Wichtige Inhaltsstoffe: Flavonoide, Mineralstoffe (zum Beispiel Calcium und Kalium), Vitamin A und C, Eiweiß, Magnesium


Die Knoblauchsrauke

(Alliaria petiolata L.)

 

Für Menschen mit sehr empfindlichen Mägen, die weder Knoblauch noch Bärlauch vertragen, ist sie vielleicht eine Alternative: Die Knoblauchsrauke. Sie bietet wohl die sanfteste Art von Knoblaucharoma, denn sie enthält keine Alline, die beim Zersetzen Allicin (Lauchöl) entstehen lassen, den Inhaltsstoff, der bei vielen Menschen Sodbrennen und Verdauungsbeschwerden auslöst.

 

Vorkommen: Wald- und Wegränder, Gebüsche, Hecken, Mauern; bevorzugt auf nährstoffreichen, lockeren Lehmböden an luftfeuchten Standorten

Aussehen: bis zu 100 cm hoch; nierenförmige Grundblätter; herzförmige, rund gesägte, spitz zulaufende Stängelblätter; Blätter verströmen knoblauchartigen Geruch beim Zerreiben; radiäre, weiße Blüten; bis zu 7 cm lange Schoten

Geschmack: pfeffrig-knoblauchartig

Verwendung: Blätter als Beigabe in Kräuterbutter und Quark, Brotaufstrichen, Salatsoßen und Pestos; Blüten als essbare Dekoration; Schoten in Essig und Öl; Wurzeln gerieben als Meerrettich-Ersatz

Wichtige Inhaltsstoffe: Ätherische Öle, Senfölglycoside

Knoblauchsrauke
Knoblauchsrauke

Löwenzahn
Löwenzahn

Der (gewöhnliche) Löwenzahn 

(Taraxacum officinale)

 

Die Pusteblume oder auch Löwenzahn genannt. Sie hatte schon damals einen großen Auftritt in einer recht bekannten Kinderserie und ihre Darstellung als den Asphalt durchbrechende Pflanze ist keineswegs übertrieben. Löwenzahn ist durchaus kraftvoll und robust und sucht sich immer seinen Weg, da können die Umstände noch so widrig sein.

 

Vorkommen: Äcker, Wiesen, Wegränder und Gärten; bevorzugt auf nährstoffreichen Böden; sehr robust

Aussehen: bis zu 40 cm hoch; längliche, tief eingeschnittene, schrotsägeförmige Blätter, die in einer Blattrosette stehen; gelbe (Zungen-) Blüten; weißer Milchsaft

Geschmack: bitter

Verwendung: junge Blätter in gemischten Salaten oder Gemüsegerichten; noch geschlossene Blüten (Knospen) können als Kapern eingelegt werden; Wurzel als Gemüse

Wichtige Inhaltsstoffe: Flavonoide, Kalium, Vitamin C


Die Schafgarbe

(Achillea millefolium L.)

 

Die Augenbraue der Venus – so wird die Schafgarbe unter anderem im Volksmund genannt. Diese Bezeichnung leitet sich von ihrer Form ab, die der einer Augenbraue ähnelt. Und warum Venus? Sie gilt in der Volksheilkunde als klassisches Frauenkraut (die Venus steht für das Weibliche), das sich positiv auf den Menstruationszyklus auswirken und Menstruationsschmerzen entgegenwirken kann. Daneben ist sie ein tolles Würzkraut in der Wildkräuterküche.

 

Vorkommen: magere, trockene Wiesen, Äcker- und Wegränder mit stickstoffreichen Böden; gerne an sonnigen Standorten

Aussehen: bis zu 100 cm hoch; gefiederte, feine Blätter, weiße bis rosafarbene Blüten mit aromatischem Duft

Geschmack: Blätter herb-würzig, Blüten mild-würzig

Verwendung: frische, junge Blätter sparsam als Beigabe in gemischten Salaten, Pestos, Kräuterbutter, Quark oder Smoothies, außerdem in Kräuterölen und -essigen; getrocknete Blätter in Wildkräutersalzen

Wichtige Inhaltsstoffe: Ätherische Öle, Bitterstoffe, Cumarine, Flavonoide

Schafgarbe
Schafgarbe

Spitzwegerich
Spitzwegerich

Der Spitzwegerich

(Plantago lanceolata L.)

 

Der Spitzwegerich. In seinem Namen trägt er schon das Wort Weg und dort wächst er auch gerne. Mitten auf dem Weg auf steinigen Böden. Von Native Americans wurden die Wegeriche auch Fußstapfen des weißen Mannes genannt, darauf bezogen, dass sie sich durch die Kleidung und Schuhe der Einwander:innen, an denen die Samen haften blieben, immer weiter ausbreiteten.

 

Vorkommen: Wege, Wegränder, Wiesen und Schotter; häufig in sonnigen bis halbschattigen Fettwiesen mit nährstoffreichen, leicht feuchten und lockeren Böden

Aussehen: bis zu 50 cm hoch; lange, schmale, lanzettliche Blätter mit deutlichen erkennbaren Blattrippen wachsen in einer grundständigen Rosette dicht am Boden; weiß-braune, unscheinbare Blüten

Geschmack: Blätter waldig bis bitter; Blüten haben ein leicht erdiges Champignon-Aroma

Verwendung: frische junge Blätter als gekochtes Wildgemüse oder roh in Salaten, Omelettes, Frischkäse, Kräuterbutter oder Quark; Blüten mit Pflanzenöl angeröstet als Topping auf Salaten oder Pilzgerichten

Wichtige Inhaltsstoffe: Aucubin, Gerbstoffe, Flavonoide, Schleimstoffe


Die Purpurrote Taubnessel

(Lamium purpureum L.)

 

Hier haben wir es mit der weniger kratzbürstigen Variante der Brennnessel zu tun. Dass die Taubnessel weniger piekst und brennt, lässt sich schon aufgrund des Namens erahnen. Sie hat im Gegensatz zu Brennnessel nämlich keine Brennhaare und fühlt sich sehr weich an. Eine direkte Verwandtschaft zu ihr besteht jedoch nicht, da die Taubnessel zu den Lippenblütlern und die Brennnessel zu den Brennnesselgewächsen gehört.

 

Vorkommen: Äcker, Wegränder, Gärten, unter Hecken und an Schuttplätzen; bevorzugt auf frische, nährstoffreichen, lockeren Böden

Aussehen: bis zu 30 cm hoch; rundlich-eiförmige bis herzförmige, am Rand gesägte Blätter; rot-violette, zygomorphe Blüten

Geschmack: schwach pilzig; Blätter herb; Blüten mild-süßlich

Verwendung: junge Triebe in Wildkräutersalaten, Gemüsegerichten und Suppen oder als Beilage wie Spinat gekocht; passt gut zu Schafs- oder Ziegenkäse; Blüten eignen sich als essbare Dekoration oder für Sirup

Wichtige Inhaltsstoffe: Gerbstoffe, Mineralstoffe (zum Beispiel Kalium), Kieselsäure, Schleimstoffe

Purpurrote Taubnessel
Purpurrote Taubnessel

Waldsauerklee
Waldsauerklee

Der Waldsauerklee

(Oxalis acetosella L.)

 

Vielen ist er wohl noch aus Kindertagen bekannt, primär deshalb, weil man ihn schon damals bei Abenteuern im Wald gerne gepflückt und gegessen hat. „Sauer macht lustig“ war und ist sein (Geschmacks-)Motto und nicht selten hieß es dann seitens der Eltern, dass man doch bitte nicht zu viel davon essen möge, sonst bekomme man Bauchschmerzen. Doch warum eigentlich? Waldsauerklee enthält Kleesalz und Oxalsäure. Diese können bei regelmäßigem Verzehr über einen längeren Zeitraum zu Nierenschäden führen. Dies sollte man beim Sammeln im Hinterkopf behalten. Gelegentlich ein paar Blätter oder Blüten schaden jedoch nicht.

 

Vorkommen: in Wäldern mit frischen bis feuchten, modrigen Böden an schattigen Standorten

Aussehen: bis zu 15 cm hoch; grasgrüne, dreiteilige (typische Klee-) Blätter; weiß bis blassrosafarbene Blüten mit rötlich-violetter Aderung an einzelnem Stängel

Geschmack: säuerlich-zitronig

Verwendung: gering dosiert in Salaten, Soßen, Suppen oder Smoothies

Wichtige Inhaltsstoffe: Vitamin C, fette Öle


Das Wiesenlabkraut

(Galium mollugo L.)

 

Unscheinbar steht es auf der Wiese und man könnte es fast übersehen: Das Wiesenlabkraut. Dabei sieht es mit seinen stern- oder sonnenähnlichen Blattquirlen richtig hübsch und putzig aus, wie ich finde. Geschmacklich ist es wohl eines der Wildkräuter, die für Einsteiger:innen am besten geeignet sind, da es sehr mild schmeckt.

 

Vorkommen: auf fetten Wiesen und an Wegrändern, in lichten Wäldern; bevorzugt auf feuchten, nährstoffreichen Lehmböden

Aussehen: bis zu 100 cm hoch; lanzettliche Einzelblättchen, die in sogenannten Quirlen um den Stängel stehen; kleine, weiße Blüten, die in traubenförmigen Blütenständen wachsen

Geschmack: Blätter mild; Blüten süßlich-honigartig

Verwendung: junge Triebe in Smoothies, Salaten, Suppen, Pestos, Soßen oder als Wildgemüse wie Spinat gekocht; Blüten als essbare Dekoration oder als Aromageber in Kräuterschorlen

Wichtige Inhaltsstoffe: Ätherische Öle, Cumarine, Flavonoide, Gerbstoffe

Wiesenlabkraut
Wiesenlabkraut

Hinweis: Mein Wissensstand beruht auf selbst und von anderen erlerntem Wissen und persönlichen Erfahrungswerten. Er ersetzt jedoch nicht den Gang zu Ärzt:innen, Apotheker:innen und Mediziner:innen.